Solarpower auf 3000 Metern

Was braucht es, wenn Betreiber von Bergbahnen auf Solarenergie setzen wollen? Und was bringt die Gewinnung von Solarenergie im alpinen Raum? Das Grossprojekt Glacier 3000 bei Les Diablerets liefert Antworten auf diese Fragen.

Ein Ausflug auf den Glacier 3000 lohnt gleich in mehrfacher Hinsicht. Da wäre zum einen das traumhafte Panorama mit Blick über die Berner, Walliser und Waadtländer Alpen. Dann locken schöne Wanderungen und variantenreiche Skipisten auf dem Gletscher sowie der Glacier Peak Walk – eine spektakuläre Hängebrücke zwischen zwei Berggipfeln.

Kommt dazu: Die Bergstation Scex Rouge ist ein Werk des Tessiner Star-Architekten Mario Botta. Nach einem Brand im Jahr 2022 wurde sie jetzt frisch instand gestellt und dabei gleich mit einer PV-aktivierten Fassade und 40 Grad ausgerichteten Flügeln bei der Gondeleinfahrt ausgestattet. Geplant und realisiert hat die Solarinstallationen die BKW.

Ästhetik und Wirtschaftlichkeit im Fokus

Noch bevor auf dem Berg Hand angelegt wurde, prüfte die Enerpeak AG, eine Konzerngesellschaft der BKW, die Machbarkeit des Projekts. Thomas Ming, Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung und Leiter des Standorts Visp: «Wir machten vor Ort Aufnahmen, einen Abgleich mit dem Planerteam und mit dem technischen Dienst.» Im Zentrum standen einerseits Fragen der Ästhetik. «Dass der Bau von Mario Botta stammt, hat zusätzliche Anforderungen gestellt. Wir glichen die Voraussetzungen gemeinsam mit Mario Botta ab. Er kam dafür in unser Büro am Enerpeak-Standort in Visp», sagt Thomas Ming.

Andererseits spielten auch Fragen der Wirtschaftlichkeit eine Rolle. «Grosse Energiebezüger wie die Bergbahnen mussten gerade auch während der Strommangellage im Winter 2022 bis 2023 sehr gut überlegen, wie sie Strom einkaufen.» Selber vor Ort aus einer erneuerbaren Quelle Strom zu erzeugen und zu verbrauchen, sei da eine sinnvolle Lösung. «Schliesslich senken Photovoltaikanlagen die Netzbezugskosten», so Ming.

Bernhard Tschannen, CEO von Glacier 3000, bestätigt: «Nach der Stromknappheit wollten wir in Sachen Energie unabhängiger werden. Wir hatten bereits vor dem Brand Modelle für die Installation von Photovoltaikpanels erstellt.» Gleichzeitig bestand der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit. «Wir erleben die Klimaerwärmung hautnah mit. Mit eigenen Augen sehen wir, wie der Gletscher des Diablerets schmilzt», so Tschannen. «Mit unserer Anlage wollen wir zeigen, was bezüglich Nachhaltigkeit möglich ist, um Unternehmen zu inspirieren und sie zu motivieren, sich für nachhaltige Lösungen zu entscheiden.»

Insgesamt wurden auf dem Scex Rouge 594 Panels verbaut, auf einer Fläche von 655 Quadratmetern. Dass der Grossteil davon in die Fassade integriert wurde, begrüsst Bernhard Tschannen: «So wird das Panorama nicht zusätzlich beeinträchtigt.»

Erfreulich ist zudem, dass die Solarmodule in dieser Höhe besonders effizient Strom produzieren. Genutzt wird er für die Gebäude- und die Bahnübermittlungstechnik, die Beleuchtung sowie das Restaurant Botta und dessen Küche. «Die Module mögen tiefe Temperaturen. Und im Gegensatz zum Flachland gibt es auf knapp 3000 Metern über Meer kaum Luftverunreinigungen, die die Sonneneinstrahlung mindern», sagt Thomas Ming. Auch dass die Sonnenstrahlen vom Schnee reflektiert werden, steigert den Ertrag. Auf dem Scex Rouge dürften durchschnittlich rund 100 Megawattstunden Sonnenenergie pro Jahr gewonnen werden. «Das ist so viel Strom, wie etwa 24 Haushalte in einem Jahr verbrauchen. In einem optimalen Jahr könnte die Leistung auf der Bergstation höher ausfallen.»

Herausfordernde Wetterbedingungen

Installiert wurden die Solarmodule von der Firma Solstis SA, die Planung und Realisierung der Energieversorgung im Gebäude übernahm die ISP Electro Solutions AG. Auf die grössten Herausforderungen bei diesem Projekt angesprochen, meint Nicolas Reichenbach, Projektleiter bei der ISP Electro Solutions AG: «Das Wetter hatte grossen Einfluss. In dieser Höhe ist es unberechenbar. Das hat die Planung erschwert.» Unter diesen Bedingungen zu arbeiten, erfordere von allen Beteiligten viel Flexibilität. «Das Projekt ist aber auch etwas Aussergewöhnliches. Nur schon mit der Gondel zur Arbeit zu fahren, ist etwas Besonderes.»

Viel Erfahrung mit dieser Art von Projekten

Die Profis sind sich ungewöhnliche Situationen gewöhnt. Denn die Spezialisten der BKW haben schon für verschiedene Bergbahnen und Bergrestaurants in der Region die Elektroplanung und -realisierung übernommen. Und sogar unter härtesten Bedingungen finden sie für alles eine Lösung und machen selbst hochalpine Lebensräume lebenswert. Auch die gute Zusammenarbeit unter den drei Konzerngesellschaften kam dem anspruchsvollen Projekt zugute.

Preisgekrönte Anlage

Zudem hat die BKW bereits seit vielen Jahren Erfahrung mit hochalpinen Solarprojekten. Bereits 2009 stattete sie die höchstgelegene Bergstation Europas auf dem Klein Matterhorn mit einer PV-Fassade aus. Das Projekt auf fast 4000 Metern über Meer wurde damals mit dem Schweizer Solarpreis ausgezeichnet. 2019 wurde es totalsaniert. Am Jungfraujoch sind zwei weitere Anlagen der BKW bereits seit 30 Jahren in Betrieb. Bleibt zu hoffen, dass andere dem Beispiel folgen und den alpinen Lebensraum durch den Einsatz von erneuerbaren Energien lebenswerter machen.

 

Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit Ringier
Fotos Oliver Oettli

Schnee

Die BKW setzt sich dafür ein, Skigebiete nachhaltig zu erhalten und zu unterhalten.